Die Pharmaindustrie steht vor der ständigen Herausforderung, strenge regulatorische Anforderungen und hohe Qualitätsstandards zu erfüllen. Eine der wichtigsten Aufgaben dabei ist die Qualifizierung kritischer Prozessanlagen. Traditionell werden dabei vorgegebene Richtlinien und Normen befolgt. Doch der wachsende Fokus auf Qualität und Sicherheit erfordert mehr: Eine umfassende Risikoanalyse, die potenzielle Gefahrenquellen identifiziert und bewertet. In diesem Beitrag beleuchten wir, warum die Risikoanalyse ein unverzichtbarer Bestandteil des Qualifizierungsprozesses ist und wie sie effektiv in den Qualifizierungsplan integriert werden kann. Ziel ist hierbei zu sensibilisieren und die Bedeutung einer Risikoanalyse mit anschließender Risikobewertung hervorzuheben.
1. Einführung in die Risikoanalyse und Risikomanagement
Die Risikoanalyse ist ein systematischer Prozess zur Identifikation, Bewertung und Kontrolle von Risiken. In der pharmazeutischen Herstellung hilft sie, potenzielle Probleme zu erkennen, bevor sie auftreten, und ermöglicht es, Maßnahmen zu entwickeln, die die Auswirkungen dieser Risiken minimieren. Risikomanagement umfasst jedoch mehr als nur die Risikoanalyse; es ist ein kontinuierlicher Prozess, der die Risikobewertung, Risikokontrolle und Risikoüberwachung einschließt. Da die pharmazeutische Industrie stark reguliert ist, spielt die Risikoanalyse eine zentrale Rolle, um die Integrität und Sicherheit der Produkte zu gewährleisten.
Relevante Normen und Richtlinien:
Bei der Umsetzung von Risikoanalyse und Risikomanagement im GMP-Umfeld (Good Manufacturing Practice) stehen mehrere Normen und Richtlinien als mögliche Grundlage zur Verfügung:
- ICH Q9: Quality Risk Management: Diese Richtlinie des International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use (ICH) bietet ein umfassendes Rahmenwerk für das Qualitätsrisikomanagement in der pharmazeutischen Industrie.
- ISO 14971: Medical devices – Application of risk management to medical devices: Diese Norm ist insbesondere für das Risikomanagement von Medizinprodukten von Bedeutung, aber ihre Prinzipien finden auch Anwendung im pharmazeutischen Bereich.
- EU GMP-Leitfaden, Annex 15: Dieser Annex behandelt die Qualifizierung und Validierung und betont die Notwendigkeit einer Risikobewertung im gesamten Validierungsprozess.
- PIC/S Guide to GMP for Medicinal Products, Annex 20: Dieses Dokument unterstützt die Implementierung von Qualitätsrisikomanagement in Übereinstimmung mit ICH Q9.
2. Warum Risikoanalyse in der Qualifikation von Prozessanlagen?
In der pharmazeutischen Herstellung gibt es zahlreiche kritische Prozessanlagen, wie Dampfsterilisationsanlagen, Heißlufttunnel, Gefriertrocknung oder sterile Abfüllanlagen. Auch qualifizierungsbegleitende Prozesse wie die Kalibrierung der eingesetzten Messsensoren sind hierbei zu berücksichtigen. Die Qualifizierung dieser Anlagen als auch die normenkonforme Kalibrierung und Justage der eingesetzten Messsensoren ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die zu qualifizierenden Anlagen konsistent und innerhalb der vorgegebenen Spezifikationen arbeiten. Eine effektive Risikoanalyse ermöglicht es uns, nicht nur die offensichtlichen Gefahren, sondern auch versteckte und indirekte Risiken zu identifizieren.
Beispiel aus der Praxis:
Alle zur Qualifizierung eingesetzten Sensoren müssen vorab kalibriert und gegebenenfalls justiert werden, um den wahren Messwert mit der vorgeschriebenen Messunsicherheit anzuzeigen. Die Kalibrierung wird üblicherweise gegenüber einem rückführbaren Kalibrierstandard durchgeführt. Doch was wäre, wenn dieser Standard innerhalb der jährlichen Rekalibrierung aus irgendeinem Grund außerhalb der vorgegebenen Grenzwerte arbeitet? Und wie kann man das Risiko eines Out-of-Specifications rückführbaren Kalibriernormals vermeiden?
3. Schritte zur Integration der Risikoanalyse in den Qualifizierungsplan
a. Planung der Risikoanalyse
Der erste Schritt besteht darin, ein interdisziplinäres Team zusammenzustellen, das Wissen aus unterschiedlichen Bereichen wie Ingenieurwesen, Qualitätskontrolle und Produktion bündelt. Diese Zusammenarbeit ist entscheidend, um alle möglichen Risiken umfassend zu identifizieren.
Beispiel aus der Praxis:
In der Praxis hat es sich außerdem bewährt, diese interdisziplinäre Fachgruppe durch die Einbindung des Anlagenherstellers oder des Zulieferers für die notwendigen Messsysteme und Sensoren zu erweitern. Dies ermöglicht einen umfassenden Rundumblick auf die unterschiedlichsten Risiken, die mit der Installation und der anschließenden Qualifizierung auftreten könnten.
b. Ermittlung und Bewertung von Risiken
Der nächste Schritt besteht darin, potenzielle Risiken aufzudecken. Hierbei sollten alle Aspekte der Prozessanlage berücksichtigt werden. Werkzeuge wie FMEA (Failure Modes and Effects Analysis), HAZOP (Hazard and Operability Study) oder Risiko-Matrix-Analysen können hierbei hilfreich sein.
Beispiel aus der Praxis:
Bei der Einführung eines neuen Heißlufttunnels wurde eine HAZOP-Analyse durchgeführt. Diese Analyse deckte auf, dass unzureichende Kalibrierung der Temperatursensoren zu ungleichmäßiger Wärmeverteilung führen könnte. Durch diese Erkenntnis konnte das Team frühzeitig einen Kalibrierungsplan entwickeln, der regelmäßige Prüfungen und Kalibrierungen vorsieht.
c. Entwicklung von Kontrollmaßnahmen
Nach der Identifikation und Bewertung der Risiken müssen Strategien zur Risikokontrolle entwickelt werden. Diese Strategien können präventiver oder reaktiver Natur sein. Zum Beispiel könnten zusätzliche Sensoren eingebaut werden, um das Risiko einer unzureichenden Überwachung der Prozessparameter zu reduzieren.
Beispiel aus der Praxis: In einer Produktionslinie mit einem neuen Heißlufttunnel wurden zusätzliche Temperatursensoren installiert, um die Temperaturverteilung kontinuierlich zu überwachen. Die Risikoanalyse zeigte, dass ohne diese zusätzliche Überwachung das Risiko einer unzureichenden Temperaturverteilung im Sterilisationstunnel erheblich gewesen wäre.
d. Integration in den Qualifizierungsplan
Schließlich müssen die Erkenntnisse aus der Risikoanalyse in den Qualifizierungsplan einfließen. Jede Anlage sollte gemäß den identifizierten Risiken qualifiziert und getestet werden. Dokumentationen, die die durchgeführten Maßnahmen und deren Wirksamkeit belegen, sind hierbei unerlässlich.
4. Bedeutung eines generellen Risikomanagements
Risikomanagement geht über die unmittelbare Risikoanalyse hinaus und umfasst die kontinuierliche Überwachung und Evaluierung aller Risiken im Produktionsprozess. Kaye als anerkannter Hersteller hochgenauer Messtechnik unterstüzt hierbei gerne mit seiner mehr als 65-jährigen Erfahrung im GxP reglementierten Umfeld. Ein systematisch etabliertes Risikomanagement hilft nicht nur bei der Erfüllung der regulatorischen Anforderungen, sondern trägt auch dazu bei, Betriebsunterbrechungen zu vermeiden und die Produktqualität zu gewährleisten.
Ein gut etabliertes Risikomanagementsystem ermöglicht es Unternehmen, schnell auf unerwartete Ereignisse zu reagieren und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um negative Auswirkungen zu minimieren. Dies führt zu höheren Effizienzen und einer nachhaltigeren Produktion.
5. Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Risikoanalyse und das Risikomanagement kritische Erfolgsfaktoren in der Qualifizierung von Prozessanlagen in der pharmazeutischen Herstellung sind. Sie ermöglichen es, potenzielle Gefahren frühzeitig zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen. Durch die Integration der Risikoanalyse in den Qualifizierungsplan und die kontinuierliche Überwachung durch ein robustes Risikomanagementsystem können Unternehmen nicht nur die regulatorischen Anforderungen besser erfüllen, sondern auch die Qualität und Sicherheit ihrer Produkte nachhaltig verbessern.
Die Bedeutung der Risikoanalyse und des Risikomanagements kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie stellen sicher, dass die pharmazeutische Produktion nicht nur effizient, sondern vor allem sicher ist. In einer Branche, in der das Wohl und die Gesundheit der Patienten im Mittelpunkt stehen, ist dies von entscheidender Bedeutung.
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